
Nationalsozialistische Verfolgung
der jüdischen Bevölkerung
Folgender Vorfall zeigt
die schwierige Lage der jüdischen Einwohner. Am
11.8.1935 hing am Tor eines Hauses in der
Gilgaustraße ein Plakat mit der Aufschrift: „
Ehepaar Bender kaufte den Hochzeitsbraten beim
Juden.“ Die NSDAP Ortsgruppe Ensen-Heumar teilte dem
Porzer Bürgermeister ferner mit, das nicht nur der
Braten beim Juden Tobias aus Porz gekauft worden
sei, sondern dass dieser Jude den Hochzeitszug beim
Verlassen der katholischen Pfarrkirche fotografiert
habe. Dies habe für sorgte große Aufregung gesorgt.
Der Bürgermeister wurde aufgefordert, Herrn Bender
bei der Vergabe der Arbeiten am Bau der
Pionierkasernen in Porz-Westhoven nicht zu
berücksichtigen.
Boykott und Diskriminierung wandten sich nicht nur
gegen die Juden selbst, sondern auch gegen Halbjuden
und ihre nicht jüdischen Familienangehörigen.
Die
Lebensverhältnisse der jüdischen Bevölkerung in Porz
verschlechterten sich mit dem Inkrafttreten des
Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der jüdischen
Kultusvereinigungen am 28.3.1938, dass diesen und
ihren Verbänden die Stellung von Körperschaften des
öffentlichen Rechts entzog. In Porz mussten die
Lebensverhältnisse allerdings so schlecht gewesen
sein, dass sogar die Synagoge bereits am 9.2.1938
vor dem Inkrafttreten verkauft werden musste. Dies
hatte zur Folge, dass das Gebäude der ehemaligen
Synagoge nicht den Ausschreitungen der
„Reichskristallnacht“ zum Opfer gefallen ist; sie
war inzwischen zu einem Wohnhaus umgestaltet worden.
Obwohl die „Reichkristallnacht“ am 9.11.1938 in Porz
„ruhig“ verlaufen war, verstärkte sich der Boykott
der jüdischen Geschäfte, vor denen SA-Posten
aufzogen und kontrollierten, wer noch „beim Juden“
kaufte. Auch die Zündorfer Juden blieben nicht vor
Deportationen verschont. Nach dem Kriegseintritt der
USA 1941 wurden die Konzentrationslager erheblich
ausgebaut. Die Transporte aus dem Gebiet der
Gemeinde Porz gingen zunächst nach Köln oder in
eines der Sammel- und Durchgangslager.
Im Juni 1942 wurden 12 ehemalige Porzer Juden aus
dem Auffanglager Köln-Müngersdorf deportiert. Trotz
der Einstellung des großen Teils der Bevölkerung,
der eher judenfreundlich war, blieben nur wenige vor
dem Tod verschont. Das Jahrhunderte lange
Zusammenleben, die freundschaftlichen, meist gut
nachbarlichen Beziehungen der einfachen Leute,
hatten nicht zugelassen, was bei dem Großstadtpöbel
unter einer verhetzten, fanatischen Führung möglich
war. Die guten Beziehungen der Einwohner zu den
Juden sind dokumentiert: Albert Tobias in Porz,
welcher sich 1924 im Auffanglager in Siegburg
befand, war so beliebt, dass er von zahlreichen
Freunden dort besucht worden ist. Albert Salomon aus
Zündorf, der am 27.2.1942 verstarb, wurde von
zahlreichen Zündorfern zur letzten Ruhestätte
begleitet, obwohl dies den Machthabern ein Dorn im
Auge war.
Während der ganzen NS-Zeit hatten die Bürger, die in
einer konfessionsverschiedenen Ehe lebten, sehr zu leiden. Dies
veranschaulicht auch ein Bericht über ein Ehepaar,
welches 1931 in Porz geheiratet hatte. Da die Frau
eine Jüdin war, wurde dem Mann schon 1933 nahe
gelegt, sich scheiden zu lassen. Er wurde nicht in
das Beamtenverhältnis übernommen und 1938 wurde ihm
gekündigt. Nach sechs Jahren musste das Ehepaar nach
Köln-Müngersdorf in ein so genanntes Auffanglager
für "Mischehen". Der Mann wurde nach Gießen gebracht
und anschließend musste er an die russische Front.
Seine Frau musste in Kassel in einer Spinnerei
arbeiten. Anschließend wurde sie in ein Dorf
gebracht, wo sich ansässige Bauern um sie
kümmerten. Beide kehrten unmittelbar nach Kriegsende
unversehrt nach Porz zurück und trafen dort auch
ihre vierjährige Tochter an, die von der
Nachbarschaft mehrere Monate betreut worden war.
Quellen:
Diskriminierung
jüdischer Mitbürger in der Zeit von 1933-45
Freifahrkarte nach Jerusalem
Aufruf zum
Kaufboykott:
"Deutsche! - Wehrt Euch! - Kauft nicht bei
Juden!"
Boykott von Handwerksbetrieben:
"Jüdische Inhaber zahlen Hungerlöhne"
Boykott von Ärzten und Rechtsanwälten:
"Meidet jüdische Ärzte und Rechtsanwälte"
Volksverhetzung:
Juden als Blutsauger
Namensänderungen
1938: Erzwungene Namensänderungen
Jüdische Bürger mussten "Israel" und
"Sara" als 2. Vornamen
annehmen
[Historisches Archiv der Stadt Köln, Standesamt: A 290
- Nr. 1]
21.11.1938: Standesamt Porz
Namensänderung von Amts wegen: Philipp
"Israel" Lahe
[Historisches Archiv der Stadt Köln, Standesamt: A 290
- Nr. 1]
07.12.1938: Standesamt Porz
Namensänderung von Amts wegen: Rosa "Sara"
Falkenstein
[Historisches Archiv der Stadt Köln, Standesamt: A 290
- Nr. 1]
Schicksale konfessionsverschiedener Ehen
24.11.1941: Bitte einer Urbacher Bürgerin an den Porzer
Bürger-
meister um Befreiung von der Pflicht,
den Judenstern tragen zu müssen
Schicksal einer konfessionsverschiedenen
Ehe
19.01.1938: Deutsche Reichspost
Die konfessionsverschiedene Ehe von Peter Vöttel im
Visier (I)Entlassung des Postangestellten wegen Ehe
mit einer Nichtarierin
30.09.1944: Geheime Staatspolizei Köln
Die konfessionsverschiedene Ehe von Peter Vöttel im
Visier (II)
Ausweisung aus dem Gau Köln-Aachen
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