Finkenberg - Vom Demonstrativbauvorhaben zum Sanierungsfall
Die Entwicklung zum Sanierungsgebiet
 

 

Verschiedene Entwicklungen trugen dazu bei, dass das Projekt scheiterte und Finkenberg nach weniger als 20 Jahren vom „Musterbeispiel für die menschenfreundlichere Stadt“ zum Sanierungsgebiet mutierte, das heute nur noch ca. 6.500 Menschen (Stand Dezember 2008: 6483) bewohnen.

Bedingt durch die lange Bauzeit, konnte sich die Infrastruktur des Viertels nicht richtig entwickeln, was so schon in den ersten Jahren nach Bauabschluss zu hohen Schwankungen bei der Mieteranzahl und bis hin zu Leerständen führte.

Auch die soziale Mischung der Bevölkerung konnte von Anfang an nicht erreicht werden. Wie uns Frau Möller, die selbst bis 2001 in Finkenberg gelebt hat und im Stadtrat tätig ist, erzählte, gab es zwar ein Gesetz in Köln, nach dem es pro Hochhaus nur zwei Problemfamilien geben durfte, doch durch die Flüchtlingswellen aus dem Osten herrschte ein Wohnungsmangel und das Gesetz konnte nicht eingehalten werden.
Die leer stehenden Wohnungen wurden an Menschen aus Russland, Polen und weiteren Ostländern (vor allem aus den GUS-Staaten) vermietet.

   


Zu allem Übel machte dann auch noch die NWDS Pleite, meldete Konkurs an und verkaufte den Mietwohnungsbestand an verschiedene Interessenten. Damit lag die Verantwortung für die Instandhaltung und Sanierung nun bei verschiedenen Firmen und war nicht mehr konzentriert.

     
  Die Sanierung der meisten Wohnblocks liegt heute in der Hand
privater Wohnungsgesellschaften
 



Im Jahr 1975 wurde Porz eingemeindet und war nun ein Stadtteil Kölns, die Verträge über die Pflege der Flächen gingen auf diese und die neuen Hauseigentümer über.

Doch in den folgenden Jahren wechselten einige Häuser immer wieder den Besitzer, sodass es schließlich unklar war, wer für Pflege und Instandhaltung zuständig war.

Allein im heutigen Sanierungsgebiet gibt es acht verschiedene Eigentümer.
Hinzu kam außerdem, dass viele der neuen Eigentümer nicht am Zustand der Häuser und Zufriedenheit der Mieter, sondern nur am eigenen Gewinn interessiert waren.
Sie betrachteten die Häuser als gute Investition und investieren selbst aber kein Geld, um die Anlagen zu pflegen oder nötige Renovierungsmaßnahmen durchzuführen.


Der Zustand der Fassaden, Eingangsbereiche, Einkaufspassagen und Grünanlagen verschlechterte sich zunehmend. Hier ein paar Eindrücke von unserer Ortsbesichtigung:


• Einige Häuser weisen inzwischen erhebliche Mängel auf, die
  meisten sind durch Vandalismus beschädigt, die Beton-Fassaden
  sind verwittert und kaputt.

 

 

 
  Fassadenschäden
bereits außen erkennbar
  Fassadenschäden:
verdeckt - defekte Isolierung
 
 

 

 
  Die rostende Armierung
zerstört den Beton
  Armierungsschäden und
Ausblühungen auf den 
Balkonen
 


• Das ohnehin schon triste Aussehen der Häuser wird durch
  verdreckte Eingänge noch verstärkt. Außerdem findet man häufig
  optische und technische Missstände bei Treppenhäusern,
  Garagen, Kellern usw.

 

 

 
  Heruntergekommener
Hauseingangsbereich
  Defekte Türschilder und
abgebrochene Zylinder
 
 

 

 
  Herausgerissene Kabel
aus einer Laterne
  Angst vor Diebstahl:
Wäsche wird
auf dem Balkon getrocknet
 


• Vandalismus prägt das Erscheinungsbild.

 

 

 
  Zerbrochene Fensterscheiben   Zerstörtes Geländer  



• Die Einkaufspassage ist verwahrlost und vieles ist hier mit Graffitis
  beschmiert.

     
Viele Bodenplatten sind gebrochen, stehen hoch; einige
Bereiche sind notdürftig mit Teer ausgegossen.
 



• Die Freiflächen zwischen den Blocks sind von Verwahrlosung und
  Vandalismus gekennzeichnet. Bodenplatten sind kaputt.

     
  
Der Springbrunnen funktioniert nicht mehr, das Wasser ist
dunkelgrün und voller Müll.
 


• Auch die Sportanlagen und Grünflächen sind heruntergekommen.
  Der Belag des Basketball- und Fußballplatzes ist aufgeplatzt und
  abgeblättert. Entlang des Spielfeldrandes verläuft eine gefährliche
  Kante.

     
  Beschädigte Spielfeldoberfläche  
     
  Handmade: Auf diesem Halfpipe - Ersatz werden Kunststücke
auf dem Skateboard ausgeführt
 


• Die Bauhöhe der Gebäude und der ungepflegte Zustand der
  öffentlichen Anlagen versperren die freie Sicht und verdunkeln das
  Blickfeld.

     
  Die gewaltigen Bauhöhen produzieren vor allem in den
Wintermonaten
 
     
  riesige Schattenflächen und verdunkeln Wohnbereiche und
Freiplätze
 



Die Folge des immer schlechter werdenden Zustands waren Wegzüge und daraus resultierende Leerstände, insgesamt nahm die Bevölkerung bis heute um mehr als 2000 Menschen ab.

Viele der leer stehenden Wohnungen wurden an Ausländer vermietet, sodass die Besitzer ihre Mieten bekamen, die soziale Struktur des Viertels aber immer schlechter wurde:

• Der Anteil an Migranten stieg überproportional an, von 26 % (1990)
  auf 42% (2000).
• Der Anteil der Jugendlichen lag mit 26,5 % sogar 10 % über dem
  Kölner Durchschnitt.
• Der durchschnittliche Anteil der Sozialhilfeempfänger war mit 34 %
  mehr als 25 % Prozent höher als der Kölns.
• Die Hauptursache für die Sozialhilfebedürftigkeit war mit 13,7 %
  Arbeitslosigkeit.
• Insgesamt waren 24 % der Bevölkerung arbeitslos, in gesamt Köln
  sind es 13 %.
• Unter den Ausländern und Migranten war der Anteil besonders
  hoch, er lag bei 43 %.
 

Die Vielzahl der unterschiedlichen sozialen Schichten und Kulturen führte zur Überforderung bei denen, die eine Integration versuchten, und zu Missverständnissen, Unverständnis und manchmal auch zu Auseinandersetzungen.
Zudem ist Neid der häufigste Grund für Straftaten unter den 14-21 jährigen Migranten, welche laut Polizeiaussagen für den Großteil der hier verübten Straftaten verantwortlich seien. Sie stehlen und beschädigen Autos, verletzen andere Kinder und Jugendliche und betreiben sinnlosen Vandalismus.
 

Interview: Kioskbesitzer      Zum Anschauen anklicken  
Der Kioskbesitzer wirft der Polizei Untätigkeit
vor:

Gegen den Vandalismus unternimmt keiner
was.
 


Das „subjektive Sicherheitsempfinden“ ist in Finkenberg noch niedriger als in anderen Kölner Problemstadtteilen. Dies bestätigt auch die Befragung eines Bewohners Finkenbergs, der nach eigenen Angaben zu Folge Angst hat, wenn er abends allein auf die Straße geht.

 

 

 
  Verwahrlosung   und Gewaltbereitschaft  
     
       gehen Hand in Hand und beginnen oft schon im Vorschulalter  


Über die Gründe für die Kriminalität und den Vandalismus erhalten wir in den Interviews folgende Antworten:

Interview:
Sportplatz-
besucher
     Zum Anschauen anklicken  
Der hessische Ministerpräsident Koch hat
behauptet, die Kriminalität würde durch die ausländischen Jugendlichen kommen.
Das ist vollkommen richtig.
 
Interview:
Frank Schütgen
     Zum Anschauen anklicken  
Das stimmt natürlich nicht. Diese Leute hier sind
nicht asozial usw.
Aber durch die Eingemeindung
von Porz nach Köln hat der Ärger angefangen.
Porz ist ein Abstellgleis geworden für alles,
was man in Köln nicht haben will.
 
Interview: Kioskbesitzer      Zum Anschauen anklicken  
Mir sind manche Türken lieber wie manche
Deutschen
.    

Das Gros was hier herumschwirrt, damit wollen
die eigenen Türken nichts zu tun haben.
 


All diese ungünstigen Ereignisse und Umstände haben im Laufe der Jahre dazu geführt, dass die Stadt Köln einen Teil Finkenbergs zum Sanierungsgebiet erklärt hat. Vor allem die Hochhäuser bekamen Priorität als Sanierungprojekt.

Interview: Kioskbesitzer      Zum Anschauen anklicken  
Die Stadt Köln hat alles hier reingeknallt, aber
dafür zu sorgen, dass solche Leute wieder hier
aussortiert werden, das tun die natürlich nicht.

Mit Versammlungen wurde sinnlos Geld
verplempert-
 


Eine Arbeitsgemeinschaft (Helfer aus Sozialverwaltung, Kirchengemeinde, politischen Parteien, Bildungseinrichtungen, Fördervereinen und Polizei) plant mit einigen Immobilieneigentümern verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der Bedingungen Finkenbergs als Wohn- und Lebensraum.
Es wurde ein sogenannter „Stadtteilmanager“ vom Amt für Stadtsanierung eingesetzt, der die Zusammenarbeit bei der Sanierung koordinieren soll. Dazu berät ein „Sanierungsbeirat“ die Bezirksvertretung in allen Fragen, bezüglich der Sanierung.
 

Interview:
Frank Schütgen
     Zum Anschauen anklicken  
Wenn man die Probleme lösen will, kann man
nicht mit Planungen Geld verballern, wo es zwei bis
drei Jahre dauert, bis man mal anfängt.
 



Ob die Maßnahmen, die nun geplant sind und weiter unten vorgestellt werden, etwas an der Situation ändern werden und inwieweit sie zu einer Verbesserung beitragen, kann niemand sagen: „Nicht zuletzt aufgrund der Finanzknappheit bei Kommune und Land gilt der Umsetzungsstand der Sanierungsmaßnahmen in Finkenberg noch immer als gering, so dass nachhaltige Verbesserungen für die Finkenberger noch nicht in greifbare Nähe gerückt sind.“ (Quelle: Wikipedia) Die Bewohner Finkenbergs selbst sind jedenfalls kritisch.

     
  Das Graffiti bringt es auf den Punkt:
Quo vadis, Finkenberg: Zukunft, Rat, Hilfe?
 




Quellen:
 

1)  Die Satellitenaufnahmen stammen von "Google Maps"

2)  Fotos von © Nicole Michna, Nicolai Winter, Jeannine
     Wohlgemuth
, 2009

3)  Einige Fotos sind aus dem Film  "Inga Pfeffer", Finkenberg -
     Wie heißt die Stadt" entnommen.

4)  Sanierung gerät ins Stocken - Auch in jüngster Zeit gibt es
     Probleme bei der Sanierung durch Stadt und Investoren 

      KStA 07.05.2009 [pdf]