Finkenberg - Vom Demonstrativbauvorhaben zum Sanierungsfall
Die Planung als Demonstrativbauvorhaben
 


 

Der Stadtteil Finkenberg wurde in den 1960er Jahren als "Demonstrativbauvorhaben" (Planstadt) entworfen, um der wachsenden Porzer Bevölkerung ein angenehmes Wohnumfeld zu bieten.

Das sogenannte Demonstrativ-Bauvorhaben sollte 12.000 Menschen ein schönes Zuhause bieten und als „Musterbeispiel für die menschenfreundlichere Stadt“ gelten.
 

Interview: Kioskbesitzer      Zum Anschauen anklicken  
In den 70er Jahren sind wir hier vom Minister
extra als menschenfreundliche Stadt ausge-
zeichnet worden.
    
 


Der Projektträger, die Nord-West-Deutsche Siedlungsgesellschaft (NWDS), warb für dieses Ziel und wollte es vor allem mit einer „ausgewogenen Sozialstruktur“ erreichen.
 

            
  Mit diesem 18seitigen Prospekt warb die
Nordwestdeutsche Siedlungsgesellschaft 1981
für ihr "Demonstrativ- und Vergleichbauvorhaben"
 




Die gewünschte Sozialstruktur sollte durch die Mischung verschiedenster sozialer Schichten erreicht werden. So wurden in Finkenberg Hochhäuser mit Miet- und Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser kombiniert.

Außerdem sollte es öffentlich geförderte Wohnungen für einkommensschwächere Menschen geben, die diese dann mit einem Wohnberechtigungsschein beziehen konnten.
 

     
        Die Mischung sozialer Schichten ist augenfällig:    
      Einfamilien-, Mehrfamilien- und Hochhäuser sind
           in kurzen Distanzen nebeneinander gebaut
 


Neben dem Wohnen waren zusätzlich soziale und gemeinschaftliche Einrichtungen für jede Altersgruppe sowie eine überdachte Fußgängerpassage mit Geschäften geplant, um die Attraktivität und Lebensqualität in dem Viertel zu erhöhen und eine Nahversorgung zu ermöglichen. Durch verschiedene Dienstleistungsunternehmen und Geschäfte wollte man zusätzlich die Wohn-Qualität des Bezirks stärken.
 

     
                      Fußgängerpassage mit Geschäften  


Zudem waren sehr viele Grünflächen geplant. Man wollte vor allem den Kindern etwas bieten können und plante deshalb Abenteuerspielplätze, Sportanlagen, einen Wasserspielplatz und eine Rollschuh- und Go-Kart Bahn zu bauen.

Ende der 1960er Jahre begann der Bau des Vorhabens auf den bis dahin landwirtschaftlich genutzten Flächen zwischen Porz-Zentrum und Eil.
Die bebaute Fläche sollte 70ha groß sein und bei Abschluss der Arbeiten 3000 Wohneinheiten bieten.

Durch die modernen und verschiedenen Grundrisse sollte für jeden Bedarf etwas Passendes dabei sein, verstellbare Wände sollten ein flexibles Wohnen ermöglichen. Weiterhin waren Fahrstühle und Türsprechanlagen sowie Belüftungssysteme, die die Wohnungen mit Frischluft versorgen sollten, Besonderheiten, um die Menschen anzulocken.

Schließlich wurde 1972 mit dem Bau der Wohnungen begonnen. Bei Fertigstellung im Jahr 1982 gab es 2585 Wohneinheiten, aufgeteilt auf Mietwohnungen, Eigentumswohnungen und Eigenheime. Unter den Wohnungen gab es auch Behinderten- und Altenwohnungen sowie Wohnungen für alleinstehende und alleinerziehende Frauen. Die Größe der Wohnungen lag zwischen 42 und 120m², es gab Einzimmerwohnungen, aber auch Fünfzimmerwohnungen.

Die erwartete Bewohnerzahl wurde jedoch nicht erreicht, 1982 wohnten „nur“ 8.800 Menschen in Finkenberg. Dies lag unter anderem an den „Subventionsflüchtlingen“. Allein im Jahr 1979 gab es bereits 248 Kündigungen, da die gebotenen Darlehen wegfielen.

Doch insgesamt schien das Konzept der NWDS aufgegangen zu sein:

• Die verschiedenen Wohneinheitstypen versprachen eine
  ausgewogen soziale Mischung der Gegend.
• Ausreichend Schulen, Kindergärten, Sport- und Spielflächen
  boten ein sehr gutes Angebot für Kinder.
• Ärzte, Geschäfte, Supermärkte, soziale Einrichtungen und
  Dienstleistungsbetriebe erhöhten die Lebensqualität.
• Dazu wurden noch soziale Einrichtungen dort etabliert, die zum
  Teil selbst von den Einwohnern verwaltet wurden.
• Es gab sehr viele Grünflächen, die per Vertrag kostenlos an
  die Stadt Porz übergeben worden sind, sodass die Stadt selbst
  für die Pflege und Aufwertung dieser zuständig war.


Doch entwickelte sich das Leben in Finkenberg anders als man es sich vorgestellt hatte. Durch die Attraktivität dieses Bezirks wollten viele Menschen dort leben. Dies führte dazu, dass man den Bau von Wohnanlagen schneller vorantrieb. Jedoch wurde dadurch die Wohnqualität der Wohnungen vernachlässigt. Des Weiteren wurde dadurch auch die Infrastruktur geschädigt, da diese für eine so hohe Besiedlung gar nicht ausgelegt war. Die Leistungsfähigkeit der Geschäfte war darauf nicht ausgelegt. Nach einer Zeit zogen schließlich die ersten Anwohner enttäuscht weg. Das Problem der Wohnleerstände wollte man dadurch lösen, dass man dort Migranten und sozial problematische Mieter zur Verfügung stellte. Dadurch entstand eine soziale Segregation und die Situation in Finkenberg verschlimmerte sich nur noch.
 

     
       Die individuellen Satellitenschüsseln sind heute
vielfach auf russischsprachige Sender ausgerichtet
 

 

Interview:
Frank Schütgen
     Zum Anschauen anklicken  
Das Projekt für einen Skatepark musste
aufgegeben werden.

Die Stadt hat uns die Zuschüsse gestrichen.
 



Quellen:
 

1)  Die Satellitenaufnahmen stammen von "Google Maps"

2)  Fotos von © Nicole Michna, Nicolai Winter, Jeannine
     Wohlgemuth
, 2009

3)  Einige Fotos sind aus dem Film  "Inga Pfeffer", Finkenberg -
     Wie heißt die Stadt" entnommen.

4)  "Horror im Folterkeller" - Ein Bericht
     über den Stadtteil Finkenberg

      KStA 15.10.2004 [pdf]