Das Förderprogramm des Landes NRW „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf“ 
 
 
Die Stadtteile

Was ist typisch für die Stadtteile, um die es bei "Soziale Stadt NRW" geht?

Viele Entwicklungen in den Städten haben ihre Ursache im Arbeits-platzabbau an der Schwelle von der industriellen zur Dienstleistungs-gesellschaft. Als Arbeiterquartiere gebaut und für wachsenden Wohnungs- und Mobilitätsbedarf ausgestattet, verlieren sie nun an Funktion und damit scheinbar an Bedeutung. Daraus resultieren vielfältige Probleme, die je nach Gebietstyp und selbst in jedem Stadtteil unterschiedlich sind. Dazu gehören die über Jahre aufge-schobene Instandhaltung von Gebäuden, fehlende Ausstattung von Kindergärten und Schulen oder geringe Stabilität in der Bewohnerschaft durch hohe Fluktuation.

Bei der Beschreibung der Gebiete wird oft auf statistische Merkmale verwiesen, wie z.B. hohe Anteile von Kindern und Jugendlichen oder von ausländischer Bevölkerung. Diese geben einen Hinweis auf Handlungsbedarf, sind aber nicht die Probleme, die es zu lösen gilt.

Tatsächlich wohnen benachteiligte Gruppen aus vielerlei Gründen gehäuft in diesen Gebieten. Oft sind es Zuwanderer aus dem Ausland, die in diesen Vierteln ihr Leben in Deutschland beginnen, weil sie nur hier preisgünstigen Wohnraum finden. Die schwierigen ökonomischen Bedingungen erschweren ihren wirtschaftlichen Aufstieg. Wohnort und Lebensumstände werden zu sich wechselseitig beeinflussenden Faktoren.

Die Städte müssen angesichts der schwierigen Haushaltslage Prioritäten bei Investitionen in Infrastruktur oder Wohnungsbestand setzen – häufig fallen diese zu Ungunsten der ohnehin benachteiligten Quartiere aus.

Hier wollen die integrierten Handlungskonzepte gegensteuern – dabei greifen sie auf die vorhandenen Potenziale zurück: So haben in einigen Fällen Bürger die Sache bereits in die Hand genommen. Eine aktive Bürgerschaft ist für die Stadtteilerneuerung ein wertvolles Potenzial. Zu diesen zählen auch nutzbare Brachflächen oder engagierte Unter-nehmen oder Gruppen, die die Erneuerung unterstützen und tragen – es gibt immer Anknüpfungspunkte für eine Arbeit 'mit dem was da ist'. Und hier hat jeder Stadtteil - gleich ob altindustrielles Quartier oder Großwohnsiedlung - eigene Qualitäten.

Diese sowie weitere Charakteristika sind für alle Programm-Stadtteile in den Stadtteilprofilen kompakt beschrieben. Von hier aus können Sie dann weiter zu beispielhaften Projektbeschreibungen aus dem je-weiligen Stadtteil gelangen (Projekte sortiert nach bestimmten Handlungsfeldern gibt es hier).
 

Stadtteilmanagement

Stadtteil- oder Quartiersmanagement bezeichnet ein Bündel komplexer und vielfältiger Aufgaben im Rahmen der Stadtteilentwicklung. Dabei bedeutet das 'Managen' nicht 'Entscheiden im Alleingang', sondern ein Moderieren, Koordinieren und Organisieren im Entwicklungsprozess. Mit viel persönlichem Einsatz sind die Quartiersmanager in den Stadtteilbüros vor Ort die 'Motoren der Stadtteilentwicklung' in der "Sozialen Stadt NRW".


Aufgaben

Das Stadtteilmanagement hat eine zentrale Rolle in den vielfältigen Arbeitsbeziehungen oder Netzwerkstrukturen der unterschiedlichen Akteure, die an der Erneuerung mitwirken. Das jeweilige Aufgaben-spektrum ist von Stadt(teil) zu Stadt(teil) unterschiedlich.

Zu den wichtigsten Aufgaben gehören:

  • Anlaufstelle vor Ort sein

    Der 'kurze Draht' durch die Vor-Ort-Präsenz des Stadtteilbüros vermindert Reibungsverluste im Kontakt mit Bewohnern und anderen Stadtteilakteuren.
     
  • Programmkoordination und Schnittstellenkommunikation zu Stadtverwaltung und Ortspolitik

    Das Stadtteilmanagement stellt die Umsetzung des in der Verwaltung konzipierten und von der Politik getragenen integrierten Handlungskonzeptes sicher. Es organisiert die Kommunikation und die fortlaufende Zusammenarbeit zwischen der Stadtverwaltung und Ortspolitik einerseits und den zahlreichen für den Stadtteil engagierten Akteuren andererseits.
     
  • Projektentwicklung

    Aus der Kenntnis der Situation vor Ort und der Förderzusammenhänge werden integrierte Projekte konzipiert und umgesetzt bzw. durch die Umsetzung begleitet.
     
  • Mittel einwerben und verwalten.

    Vielfältige Förderprogramme und unterschiedliche Mittelgeber mit jeweils eigenen Bedingungen sowie flexible Pauschalmittel erfordern einen kenntnisreichen Umgang mit der Projekt-finanzierung.
     
  • Vernetzung

    Eine zentrale Aufgabe ist es, Netzwerkbeziehungen im Stadtteil zu fördern, u.a. indem das Quartiersmanagement Stadtteilgremien organisiert und betreut.
     
  • Beteiligung

    Die Beteiligung der Bewohner im Erneuerungsprozess wird gewährleistet und gestaltet.
     
  • Öffentlichkeitsarbeit

    Ergänzend zur Arbeit im Handlungsfeld Image/ Identität werden die Notwendigkeiten und Methoden der Stadtteilarbeit nach außen vertreten.
   

 

Personelle Besetzung

Aufgaben- und Entscheidungsspektrum der Stadtteilmanager variieren je nach Ausgangslage. Davon hängt auch ab, welchen fachlichen und beruflichen Hintergrund die Stadtteilmanager mitbringen sollen. Ange-sichts der Bandbreite der Handlungsfelder wurde in vielen Stadtteilen eine Doppelbesetzung mit einer Person aus dem baulich-stadt-planerischen Bereich einerseits und einer sozialpädagogischen Fachkraft andererseits gewählt. Letztere kann auch eine stadtteil-bezogene Sozial- oder Gemeinwesenarbeit im Rahmen des Quartiersmanagements gewährleisten. Aufgrund hoher Anteile von Menschen mit Migrationshintergrund in den Stadtteilen hat sich zudem eine interkulturelle Besetzung des Stadtteilmanagements bewährt.


Organisation

Das zugrundeliegende integrierte Handlungskonzept beschreibt Kooperation und Steuerung innerhalb des Stadtteilprozesses und sollte die Organisationsform des Stadtteilmanagements verdeutlichen.
Im Quartier wird in der Anfangsphase der Arbeit ein Stadtteilbüro eingerichtet, das explizit gefördert wird. In großen Programmgebieten finden sich oft mehrere 'Zweigstellen', die von einem Team geführt werden.
Verschiedene Trägermodelle sind dabei möglich:

  • Das Stadtteilbüro wird in den meisten Fällen vom federführenden Stadtamt betrieben, also in der Regel von der Planungsverwaltung oder dem Sozial-/ Jugendbereich. In Porz-Finkenberg befindet sich ein entsprechendes Informationsbüro im "Rundbau" an der Ecke Konrad-Adenauer-Str./Theodor-Heuss-Str., das von Herrn Nahrwold als Projektleiter vom Amt für Stadtentwicklung und Statistik geleitet wird. So kann die Einbindung in die Arbeitsabläufe der Stadtverwaltung sicher gestellt werden.
     
  • Kooperative Modelle sind möglich, wo die Städte kompetente Partner für eine Trägerschaft gewinnen können, beispielsweise universitäre Institute und Wohlfahrtsverbände oder Wohnungsunternehmen. In Porz-Finkenberg besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Diakonie und dem Kolping-Bildungswerk Köln. So engagiert sich dort Frau Hauck als Sozialraumkoordinatorin der Diakonie Michaelshoven e.V..
     
  • Die Beauftragung einer unabhängigen Einrichtung, die das Stadtteilbüro führt, beispielsweise eines Planungsbüros (wie im Berliner Viertel in Monheim) ist in kleineren Kommunen von Vorteil und ermöglicht auch, externes Fachwissen zu nutzen.
     
  • Die größte Nähe zu den Stadtteilbewohnern gibt es dort, wo bewohnergetragene Vereine und Initiativen den Stadtteilprozess mit angestoßen haben und selbst den Betrieb des Stadtteilbüros übernehmen. In Porz-Finkenberg kann man stellvertretend für andere Organisationen auf das Theater "Der Spaß" verweisen.

Von großer Bedeutung sind weitreichende Entscheidungsbefugnisse des Stadtteilmanagements, die die Handlungsfähigkeit vor Ort sicher stellen. Auch gewachsenen Vorbehalten der Bewohner gegenüber der Stadtverwaltung können Stadtteilmanager mit relevanten Handlungs-kompetenzen besser begegnen.

Erfahrungsgemäß ist eine Stadtteilbüro-Präsenz von mindestens fünf Jahren zu empfehlen. Eine dauerhafte Fortführung dieser Einrichtung kann in einer Form erfolgen, die z.B. von Wohnungsunternehmen oder Stadtteilvereinen (mit)getragen wird. Sie ist ein Schlüsselelement für eine Verstetigung der in Gang gebrachten Entwicklungen.


Projekte

Die "Soziale Stadt NRW" entsteht durch die Projekte, die in den Stadtteilen realisiert werden. Sie ergeben sich aus dem integrierten Handlungskonzept und sind somit Teil einer Gesamtstrategie. Die Projekte werden unter bestmöglichem Einbezug nicht-staatlicher Projektträger, von Stadtteilorganisationen und Bewohnern durchgeführt.

Die Projekte sind zeitlich befristet, spiegeln also den Impuls-Charakter der Stadtteilarbeit wider. Oft werden auch Anschlussprojekte entwickelt, die neue Bedarfe aufnehmen und bereits gewonnene Erkenntnisse berücksichtigen. So soll in Porz-Finkenberg das Nahbereichszentrum umgestaltet werden, um insbesondere die Geschäftsstruktur nachhaltig zu verbessern.

Als Mehrzielprojekte richten sich die Maßnahmen selten nur auf eindimensionale Handlungsbedarfe. Es werden Zusammenhänge aufgegriffen und verschiedene Themen zugleich bearbeitet. So kann z.B. der Bau eines neuen Kindergartens als neue soziale Infrastruktur mit Beschäftigung und Qualifizierung von arbeitslosen Stadtteilbewohnern verbunden werden. Die Erziehungsarbeit wird dann vielleicht sinnvoll mit einem Betreuungskonzept verknüpft, das interkulturelles Zusammenleben fördert.

So werden mit einem Projekt verschiedene Ziele verfolgt. Sie lassen sich nach Handlungsfeldern ordnen - und werden außerdem oft für und mit bestimmte(n) Zielgruppen konzipiert.

Nähere Informationen sind in der Broschüre des Ministeriums für Bau und Verkehr NRW "Soziale Stadt NRW. Wo Stadtteilerneuerung Zukunft macht" zu finden.1)

   

 

Evaluation

Evaluation steht für eine Qualitätskontrolle, die Erkenntnisse für das weitere Vorgehen hervorbringen soll. Fortlaufende, komplexe Programme – wie die Stadtteilprojekte in der "Sozialen Stadt NRW" – verlangen nach einem Ansatz, der nicht nur rückblickend Aussagen über Nutzen, Effektivität und Effizienz des Programms trifft, sondern durch die kontinuierliche Rückkopplung der Ergebnisse auch dazu beiträgt, die laufende Arbeit zu verbessern.

Die Evaluation der "Sozialen Stadt NRW" ist daher bewusst "prozess-begleitend" angelegt. Um vorhandene Erfahrungen zu bündeln und ein abgestimmtes Vorgehen zu fördern, wurde der Evaluationsansatz von Vertreterinnen und Vertretern aus Stadtteilen, Landesministerien und Wissenschaft gemeinsam entwickelt. Seit Anfang des Jahres 2003 wird die Evaluation landesweit koordiniert in allen Programmstadtteilen Schritt für Schritt umgesetzt.

Ziel ist es, verlässliche Kenntnisse über Ergebnisse und Wirkungszu-sammenhänge in der integrierten Stadtteilerneuerung zu erhalten. Diese ermöglichen auf der einen Seite eine verbesserte Steuerung der Programmumsetzung auf allen Ebenen - auf der anderen Seite werden sie Grundlage für eine Weiterentwicklung der Arbeit und des Pro-gramms "Soziale Stadt NRW" insgesamt.

Die landesweite Evaluation erfüllt damit mehrere Funktionen:

  • Die Kommunen erhalten kontinuierlich zeitnahe Informationen über den Fortschritt der integrierten Erneuerungsansätze in den Programmstadtteilen. Diese Informationen dienen zur wirksamen Steuerung des Erneuerungsprozesses wie auch zur Überprüfung der Zielerreichung. Darüber hinaus können die Erfolge der Stadtteilerneuerung besser sichtbar gemacht und Beteiligte und Unterstützer motiviert werden.
     
  • Ein möglichst vollständiger Überblick über den Stand der Arbeit in den Programmgebieten ist für das Land und auch die Kommunen eine Voraussetzung, regelmäßig Aussagen zur Umsetzung und Wirksamkeit der örtlichen Handlungsansätze machen zu können und Hinweise zur Optimierung des Gesamtprogramms zu erhalten.
     
  • Durch eine kontinuierliche Rückkopplung der Untersuchungsergebnisse an die Akteure in den Stadtteilen können zudem Diskussions- und Lernprozesse unterstützt und eine interne Qualitätsentwicklung gefördert werden.

Die Evaluation soll dabei vor Ort handhabbar sein und Kommunen und Stadtteilakteure nicht mit zu großem Arbeitsaufwand belasten.

Das Evaluationskonzept setzt sich aus vier Bausteinen zusammen:

  1. Zielentwicklung und Beobachtung der Zielerreichung
     
  2. Soziale Kontextbedingungen der Stadtteilentwicklung
     
  3. Analyse qualitativer Prozesse
     
  4. Fallstudien
   



Probleme und Potenziale

Die spezifischen Problematiken benachteiligter Stadtgebiete erstrecken sich über den wirtschaftlichen und sozialen Bereich bis hin zur räumlichen Lebensumwelt – sprich Wohnraum und Wohnumfeld, Straßenverkehr, Grünflächen u.v.m.
Die Programmstadtteile weisen deutlichen Erneuerungsbedarf in zahlreichen Handlungsfeldern auf – abhängig von Größe, Lage und Gebietstyp und der eigenen Entwicklungsgeschichte und Charakteristik des jeweiligen Quartiers.

Gemeinsam ist allen Stadtteilen, dass dort zahlreiche Menschen in kritischen sozialen Lagen unter schwierigen Bedingungen und oft auf engem Raum zusammenleben müssen:

  • Einkommensarmut betrifft vor allem

    - Alleinerziehende,
    - Langzeitarbeitslose,
    - Zuwanderer,
    - immer mehr die dort lebenden Kinder und Jugendlichen
    - sowie Senioren.
     
  • Es kommt zu häufigen Wohnungswechseln, soziale Bindungen fehlen, Konflikte zwischen verschiedenen Ethnien und Generationen treten häufiger als in anderen Gebieten auf.
  • Adäquate Arbeitsmöglichkeiten fehlen.
  • Bildungs-, Betreuungs- und Freizeitmöglichkeiten sind unzureichend.
  • Die Versorgungsmöglichkeiten sind eingeschränkt, auch durch die begrenzte Verfügbarkeit von Verkehrsmitteln.
  • Wohnungen und Wohnumgebung sind veraltet, nicht alltagsgerecht und belasten die psychosoziale Situation.
  • Das negative Stadtteilimage stigmatisiert, drückt den Bewohnern 'einen Stempel auf'.

Die einzelnen Problembereiche verstärken sich gegenseitig. Hinzu kommt, dass in den Städten eine wachsende soziale und ökonomische Polarisierung in arm und reich zu beobachten ist, die auch räumlich sichtbar wird: Benachteiligte Gruppen konzentrieren sich in benachteiligten Quartieren.
So verfestigen sich die unterschiedlichen Merkmale von Benachteiligung zunehmend - die Gebiete befinden sich in einer Art 'Abwärtsspirale'.

In den Quartieren der "Sozialen Stadt NRW" müssen daher neue Lösungen angewendet werden, die Vorbildfunktion für die Stadtentwicklung generell haben. Entscheidend ist: Die entstehende Eigendynamik kann nur durchbrochen werden, wenn konsequent an mehreren Punkten zugleich angesetzt wird.

Jeder Stadtteil besitzt aber auch individuelle Stärken & Potenziale. Diese 'Reichtümer' der Stadtteile müssen erschlossen und dauerhaft nutzbar gemacht werden. Das eigene Profil des Stadtteils zu entwickeln und zu stärken ist eine zentrale Erkenntnis der "Sozialen Stadt NRW".

Diese Potenziale finden sich - ebenso wie die Probleme - im sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Bereich sowie in den baulichen und räumlichen Gegebenheiten. Beispiele sind:

  • Aktive Bewohnerinnen und Bewohner und Organisationen wie Kirchengemeinden, Sport- oder Kulturvereine, die ihr Engagement aktiv einbringen,
  • das Dienstleistungs- und Versorgungs- sowie Arbeitsplatzangebot – gerade auch von Unternehmen, die von Migranten geführt werden,
  • zur Mitwirkung bereite Hausbesitzer und Wohnungsgesellschaften,
  • neu erschließbare Freiflächen und
  • interessante ungenutzte Gebäude, die neue Einrichtungen aufnehmen und ein gutes Image prägen können.

 


Quellen:

1)  Ministerium für Bau und Verkehr NRW, Soziale Stadt NRW. Wo
    Stadtteilerneuerung Zukunft macht. Vgl. insb. S. 4 ff.

         Die Broschüre zum Download [pdf]