Die Juden im Porzer Stadtgebiet seit Beginn des 19. Jahrhunderts

Zündorf und Mülheim waren wichtig für den Handel des Herzogtums Berg auf dem Rhein.1259 hatte der Erzbischof Conrad von Hochstaden der Stadt Köln das Stapelrecht verliehen. Zündorf und Mülheim waren auch für Handelsschiffe interessant, die den Kölner Stapel auf dem Landweg zwischen Zündorf und Mülheim umgehen wollten. In Zündorf ließ Herzog Adolf von Berg einen Zollturm erbauen, der nur bis 1431 zur Zollerhebung diente. Zündorf blieb trotzdem ein Handelsort, wo Waren ein- und ausgeladen wurden, und zwar mit Hilfe zweier großer Hafenkräne. 1831 wurde der Stapel aufgehoben und der Handel in Zündorf wurde bedeutungslos. Beide Rheinkräne mussten nacheinander weichen. Einige der in Zündorf nachweisbaren jüdischen Familien hatten Wohlstand und Ansehen erworben. Quellen zeigen, dass es keine im Porzer Stadtgebiet keine reichen Hofjuden mit weit reichenden Geschäftsverbindungen gegeben hat, die Mehrzahl waren „kleine Leute“: Händler, Geldwechsler, Metzger, Kaufmänner, Schneider, Schullehrer, Seiler und Viehhändler. Der Flurnahme „Judenberg“ östlich des Eiler Hochkreuzes deutet darauf hin, dass im Mittelalter dort Juden von einer aufgehetzten Bevölkerung verfolgt worden sind.

Es spricht alles dafür, dass schon vor 1700, Juden in Niederzündorf gewohnt haben: Lorenz Judendunck aus Ollingshaus, Besitzer einer Seifensiederei in Zündorf und Köln, könnte ein Jude gewesen sein. Der erste gesicherte Beleg für einen Juden in Zündorf findet sich im Beisetzungsbuch des Köln-Deutzer Judenfriedhofs. Am 2. Juli 1708 wurde dort der Jude Isachar beerdigt. Eine Rechnung einer Kellnerin in Bensberg enthält folgende aufschlussreiche Bemerkung über den Empfang von Judentribut: Im Amt Porz wohnten zwar verschiedene Juden, doch da der Kurfürst befohlen habe, dass der Tribut die Juden nicht belasten solle, bringe er nichts ein. Auch die Juden in Niederzündorf unterlagen dem Judentribut, doch nur bei großen Festen wie Hochzeiten und Beschneidungen sowie bei Geburten oder Sterbefällen nahm die Kellnerei in Zündorf je 1 Goldgulden ein, ohne Namen zu nennen. 1748 beklagte sich der Vorsteher der Judenschaft Isaak von Geldern beim Herzog von Berg, dass der Zollpächter Anton Büscher unerlaubt den Judenzoll erhoben habe.

Viele Juden betätigten sich auch erfolgreich im Immobiliengeschäft. So wie Andreas Salomon, ein erfolgreiche Haus- und Grundbesitzer sowie Geldverleiher. Er kaufte von 1820 bis 1821 zehn Parzellen. Unter anderem erwarb Salomon auch Ländereien in Heumar und Ländereien des ehemaligen Weinguts in Langel. Er verkaufte diese Häuser an Adam Voosen, von dem er dann wiederum ein Haus mit Hof erwarb. Es finden sich auch Belege für auswärtige Juden, die hier Grundstückshandel betrieben. So erwarb Samuel Seligmann aus Bonn, einen Hof in Elsdorf und in Urbach verschiedene Äcker.

Die Industrie des Amtes Porz war von geringer Bedeutung. Man kannte in diesem Amtsbezirk weder Kapitalbesitzer,  Fabrikbesitzer, noch Kaufleute. Es wurde vorgeschlagen, die „Industrianten“ in 10 Klassen aufzuteilen. Die acht Mittelklassen wurden nach dem Verhältnis der ersten zur letzten abgestuft. Daraus ergaben sich folgende Einteilungen: Die erste Klasse trug  14 Teile bei, die zweite 12 usw. Unter 55 Namen erschienen, in der Übersicht des republikanischen Kalenders, Andreas Salomon und Moses Cain, beide mit je 2 Stübern 7 Hellern, sowie Jud Bacher mit 4 Stübern und Witwe Salomon mit 12 Stübern. Dies bestätigte erneut die Vermutung, dass sie wohl schon wesentlich früher hier ansässig gewesen sind. Eine Lebensmittelsteuer von Mai bis Juli 1800 wurde Moses Cain und Andreas Salomon mit je 17 Stübern 8 Hellern, Jud Bacher mit 1 Stübern und 6 Hellern, Witwe und Abraham Salomon mit 4 Stübern, 8 Hellern auferlegt. Die Juden Salomon und Moses Cain zu Zündorf zahlten in einem anderen Monat 7 Stüber, wurden also in der sechsten Klasse geführt, wie auch im Jahre 1802. In der fünften Klasse taucht ein neuer Name auf: Jud Anschel aus Zündorf, in der sechsten wieder Moses Cain. Andreas Salomon ist 1804 in der fünften Klasse. In der sechsten erscheint ein neuer Name: Jud Morsche.



Die Akten der Präfektur des Rhein-Departements im Großherzogtum Berg enthalten ein Verzeichnis der in ihm „domizilierten Juden". Danach wohnten am 29. April 1811 im Kanton Mülheim des Arrondissements Mülheim an Juden:

 

Mairie Männer Weiber Witwer Witwen Knaben Mädchen
Mülheim

13

13

1

2

13

15

Deutz

39

39

5

3

58

85

Mehrheim

0

0

0

0

0

0

Wahn

4

4

0

1

13

9

Heumar

0

0

0

0

0

0

Summe

56

56

6

6

84

109

 

Die königlich preußische Regierung zu Köln schrieb am 1. März 1817 einen Brief an den „Landrätlichen Commissarius“ von Spieß von Mühlheim. Darin erklärten sie, dass viele Juden, vor allem auf dem Lande, „unerlaubten Handel“ und „schädlichen Wucher“ trieben. Sie veranlasste, dieser Sache nachzugehen und forderte, dass man die Ergebnisse mitteilen solle. Außerdem schrieb die Kölner Behörde vor, dass alle Juden, die dort lebten, eine Liste mit Vor- und Zunamen, Geburtsort, Alter, dem Zeitpunkt ihrer Ansiedlung in dieser Provinz, dem jetzigen Wohnort, dem Nahrungserwerb und dem Datum ihres letzen Judenpatents anfertigen sollten.

Doch das Misstrauen gegenüber den Juden blieb bestehen. Das führte am 5. Juli 1817 dazu, dass die Regierung zu Köln „eine polizeiliche Aufsicht über die Israeliten für unerlässlich“ notwendig erachtete, weil sie fürchtete, dass manche Juden immer noch illegalen Handel betreiben würden. Die Behörde mahnte an, dass die Verzeichnisse noch nicht vollständig erstellt seien. Aus einem summarischen Verzeichnis aus dem Jahre 1816 ist lediglich zu entnehmen, dass schon Anfang des 18. Jh.s Juden im heutigen Porz gelebt haben.